Der Wolf (Canis lupus)
In dieser kurzen Fotoreportage will ich euch ein weiteres faszinierendes Erlebnis aus unserer Natur vorstellen. Dem Beobachten von Wölfen widme ich mich bereits mehrere Jahrzehnte lang. Ich versuche sie gezielt zu fotografieren, was bedeutet, dass ich sie an ihren Liegeplätzen, Wildwechsel und in den Gebieten, wo sie ihre Jagdkünste ausüben, verfolge. Begegnungen mit diesen Raubtieren hatte ich viele erlebt, doch nicht bei allen ergaben sich gute Möglichkeiten zum Fotografieren. Ich habe niemals versucht, ein Bild der Tiere bei ihrem Riss oder bei den Festmahlresten zu machen. Wenn man darüber nachdenkt, werden Wölfe gerade bei toten Tieren oder deren Überresten gejagt (abgeschossen). Sie selbst sind intelligent genug, um sich dieser Tatsache bewusst zu sein, deswegen gehen sie an solchen Stellen äußerst bedacht vor. Aus diesem Grund hat man sehr geringe Chancen, die Wölfe hier bei gutem Licht zu erwischen. Da ich als meine oberste Priorität die perfekte Kenntnis über diese Tierart, ihre Verhaltensweise in bestimmten Jahreszeiten und ihre Wege und Wechsel sehe, macht es mir nicht aus, mehrere Jahre lang auf eine Aufnahme dieser Räuber zu warten. Und wenn beim Beobachten doch mal ein guter Schnappschuss gelingt, schlägt mein Herz gleich höher.
Das Erlebnis behandelt von einem fünfköpfigen Rudel. Die Wettervorhersage war schlimm – drei Tage Regen, zu dem sich noch Wind und Nebel gesellen sollten. Ein Grund für uns Menschen, vor dem Fernseher auf der Couch zu hocken. Doch für die Raubtiere gibt es kein besseres Wetter! Im Wald kommt neues Leben auf – Rehkitze, Hirschkälber und Frischlinge – die alle sind wie ein Magnet für Wölfe. Deswegen habe ich mich entschieden, die folgenden drei harschen und verregneten Tage den Wölfen bei einem ihrer Wildwechsel aufzulauern. Zwei Morgen sind vergangen, ohne einen Anschein auf eine erfolgreiche Begegnung zu bekommen. Das Einzige, was ich einfahren konnte, waren Frostfinger und durchnässte Kleidung. Die Morgentemperaturen hielten sich knapp über Null. Beim Fotografieren verwende ich nur Tarnnetze, denn mit dem Fotostand konnte ich mich nie anfreunden, weswegen ihn jetzt meine Kinder als Spielzeug benutzen. Dennoch, aller guten Dinge sind drei. Am dritten Morgen bin ich noch während der Dämmerung an einen Wiesenrand gelangt. Der Tag bricht an, noch sehe ich kein Wild – ein gutes Zeichen für die Anwesenheit eines Wolfs. Ich sitze auf meinem Rucksack und beobachte die Umgebung. Da läuft ein schöner junger Keiler (Wildschwein) vorbei. Ich sehe ihn mir durch den Sucher an – seine Rückenborsten sind aufgestachelt und der Bürzel (Schwanz) ist wie eine Antenne aufgestellt. Ein kleines Grinsen schwebt in mir – das Wölflein muss in der Nähe sein. Und tatsächlich, nach 10 Minuten taucht ein junger Wolf auf der Wiese auf und kommt bis auf 80 Meter Entfernung. Ich schaffe noch einige Fotos zu machen, bis der Wolf in der Dickung verschwindet.
Da dachte ich mir: sollte doch noch ein weiterer Wolf kommen, wird er an derselben Stelle in die Dickung eintreten, wie der Erste. Deswegen versetze ich mich um 50 Meter näher zu der Stelle, wo der Jungwolf verschwunden ist. Es dauert nicht allzu lange, bis sich auf der gegenüberliegenden Wiesenseite ein Wolf zeigte, gefolgt vom zweiten, dritten und dem vierten. Klasse, jetzt muss sich noch meine Vermutung über den Wechsel, zu welchem ich mich begab, bestätigen. Sie gehen direkt auf mich zu! Als sie dann 50 Meter vor mir standen, setzte ich den Sucher zum Auge und wartete. Ich versuche die Wölfe in den Sucher einzuquetschen, doch das Unterfangen misslingt mir. Einer steht auf der rechten, der andere auf der linken Flanke und die zwei direkt mittig in meinem Blickfeld.
Ich versuche sie alle zu fotografieren. Durch den Sucher beobachte ich 2 Wölfe, peripher sehe ich eine junge Wölfin etwa auf 4 Meter. Der Autofokus reagiert auf die Regentropfen, deswegen versuche ich selbst zu fokussieren, aber alles geht zu schnell. Die Räuber stehen nur einige Meter von mir entfernt – so nah, dass sie von den Kamerageräuschen aufgeschreckt werden. 10 Meter sind sie gelaufen ohne anzuhalten, und schon hat sich die Dickung hinter ihnen verschlossen. Jetzt ist alles vorbei, meine Hände zittern auch nach Dutzenden fotografierten Wölfen – als ob es meine erste Begegnung mit dem Wolf sei.
Canon EOS 5D mark III / Canon 300mm F/4L IS
Übersetzung : Mgr. Lukáš Chlebina https://pretlm.webnode.sk/
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