Wie jeder Fotograf, so auch ich mache eine bestimmte Entwicklung durch. Jedes neue Jahr ist für mich eine Herausforderung – ich versuche immer etwas Neues zu fotografieren und neue Tierarten, die ich noch nicht in der Natur getroffen habe, zu sichten oder kennen zu lernen. Ich widme mich grundsätzlich dem Fotografieren von Vögeln, weshalb für mich das Reich der Säugetiere ein unerforschtes Neuland gewesen ist. Bei meinen Naturwanderungen habe ich viele Baue gefunden, denen ich kein besonderes Interesse geschenkt habe. Doch gerade diese Orte wurden für mich in den letzten Jahren zu den Schauplätzen mit den schönsten Spektakeln, die die Natur bieten konnte.
Jeden Frühling, nachdem der Schnee aufgetaut ist, führten meine Schritte in die umliegenden Wälder eines Stausees. In dieser Zeit sind die Bäume noch kahl, das Unterholz ist nach dem Winter gut durchlichtet – die besten Voraussetzungen, sich auf die Suche nach bewohnten Bauen zu machen. Man kann zwar viele Unterschlüpfe finden, doch das größte Problem, auf welches man stoßen kann, ist, dass der Bau entweder an einer schwer zugänglichen und dicht bewachsenen Stelle liegt, oder er ganz einfach unbesetzt ist. Auch wenn ich in meiner Gegend viele Bauen kannte, konnte ich nur schwer einen finden, der regelmäßig besetzt war und der hinsichtlich des Fotografierens günstige Möglichkeiten bieten konnte. Das Blatt hat sich dann nach einem ziemlich langen Gespräch mit einem Förster gewendet.
Zur Rede kam ein Bau, den ich schon vorher kannte. Da der Unterschlupf in der Nähe von einigen Angelplätzen lag, habe ich ihm keine große Aufmerksamkeit gewidmet. Angesichts der späteren Ereignisse zeigte sich dies als ein großer Irrtum. Während unserer Unterhaltung schilderte er, dass in der Gegend des Baus viele Aufenthaltszeichen zu finden seien. Daraus konnte man erschließen, dass das Schlupfloch bewohnt war. Zwar hörte sich das schön und gut an, doch angesichts des regen Angelbetriebs habe ich vermutet, dass der Baubewohner erst in den späten Nachtstunden aktiv wurde. Nichtsdestotrotz habe ich beschlossen, dem Untermieter im Bau einen Besuch abzustatten und wenigstens anhand der Aufenthaltsspuren zu bestimmen, wer die unterirdische Burg bewohnt.
Nach meiner Ankunft wartete auf mich eine Überraschung. Ich war längere Zeit nicht bei diesem Unterschlupf gewesen, deswegen war die Veränderung, die ich vor Ort vorgefunden habe, einfach nur atemberaubend. Von einem einfachen Bau konnte man nicht mehr sprechen – er wurde zu einem ganzen Wohngebiet umgebaut. Die „Burg“ hat sich auf einer Fläche von 15×15 m erstreckt, wobei etwa 10 Öffnungen in die „Stadt“ führten. Der Platz war einfach nur fantastisch. Dazu gab es in der Gegend nur ganz wenig Unterholzbewuchs. Der Bau lag nicht weit vom Stausee entfernt. Der Boden war an dieser Stelle sandig, was den Platzen nicht gerade gefiel. Für mich war das ein idealer Platz – ein offenes Gelände mit viel Licht. Anhand der Spuren war leicht zu erkennen, dass der Bau vom Dachs beherbergt wird. Die Baueingänge wurden im Frühling neu ausgegraben und der Bereich um die Öffnungen herum wurden schön sauber gehalten. Die Dachse haben einfach einen typischen Frühjahrsputz gemacht, ganz im Gegensatz zu den Füchsen, die die Gegend ihrer Unterschlüpfe vernachlässigen, wobei ein charakteristischer Geruch zu spüren ist. Einfach gesagt – der Ort war zauberhaft; ein erhöhter Hügel am Waldrand, der einen Katzensprung vom Stausee entfernt war.
An einem Aprilabend habe ich beschlossen, den Bau wieder zu besuchen – diesmal aber in Begleitung meiner Kamera. Ich bin zum Bau eine Stunde vor Sonnenuntergang gekommen. Gleich danach habe ich die Windrichtung bestimmt. Damit mich der Baubewohner nicht enthüllen konnte, habe ich mir einen Sitzplatz gegen den Wind gefunden. Ich ließ mich unter einer alten Fichte nieder, deckte mich mit dem Tarnnetz, baute das Stativ auf, stellte die Kamera ein und – wartete. Meine Erwartungen hielten sich in Grenzen. Ich war dort das erste Mal und die Dachse verlassen ihre Burg erst nach Eintritt der Nacht. Deswegen verlor ich mit jeder weiteren Minute langsam die Hoffnung. Die Sonne ging unter, die Dämmerung trat ein und bei dem Objektiv mit der Lichtstärke 2.8 und der Belichtungszeit von 1/100 mi ergab sich ein ISO-Wert von 4000. Es wurde langsam Zeit, die Segel zu streichen. Als ich die Kamera-Einstellungen überprüfen wollte, bemerkte ich bei einem der Eingänge eine Bewegung. In dem Moment wusste ich nicht, ob es ein heruntergefallener Ast gewesen ist, oder etwas Lebendiges. Nach kurzer Zeit guckte aus dem Loch ein grauweißer Kopf heraus. Ein Dachs. Unglaublich! Das war das erste Mal, dass ich dieses wunderschöne Tier auf eigene Augen gesehen habe. Vom Licht konnte man fast gar nicht mehr sprechen, deswegen schaltete ich die Kamera auf Videoaufnahme um und filmte den Dachs wenige Sekunden lang – in einem Moment kratzte er sich noch am Körper und im anderen verschwand er unter der Erde. Ich bin begeistert, einen Dachs hatte ich noch nie gesehen.
Nach kurzer Zeit kommt er wieder hoch, diesmal aber nicht allein. Jetzt waren es zwei, die sich der Eigenhygiene vor ihrem Bau widmeten. Es wurde noch weniger Licht als zuvor, doch meine Seele jammert nach einem dokumentarischen Foto. Jetzt stelle ich die Kamera wieder um und mache einige Schnappschüsse des Pärchens. Zum Zeitpunkt der Bildaufnahme hatte ich folgende Einstellwerte gehabt – ISO 6400, f2.8 und 1/40. Als der Verschluss Geräusche von sich gab, merkten das die beiden Räuber und verschwanden gleich in ihrem unterirdischen Reich.
Ich packe meine Sachen und mit Zittern kehre ich nach Hause. Es war das erste Mal, das ich einen Dachs gesehen habe, und dabei gelang mir einige Fotos und ein Video aufzunehmen… Ich habe noch paar Mal mein Glück bei diesem Bau versucht, doch vergeblich – die Dachse liefen erst mit Anbruch der Dunkelheit raus. Ich habe mir lange Zeit darüber den Kopf zerbrochen. Die Antwort darauf erfuhr ich aber erst später. Es verging ein Monat, bis ich mich wieder auf dem Weg zum altbekannten Dachsbau begab. Ich will sie wieder sehen, deswegen baue ich mein Stativ und mein Tarnungszubehör auf derselben Stelle auf. Nach einer Stunde vergeblichen Wartens ging die Sonne langsam unter. Die unerträglichen Mücken fingen an mich zu plagen. Ich sah mich um und da bemerke ich, dass aus einem Eingang ein Wuschelkopf herausragt.
Ich glaube meinen Augen nicht: Vor mir steht ein Tier, über das ich viel gehört und gelesen habe, aber es noch nie zu Gesicht bekommen habe. Ein Marderhund. Der ausgestreckte Kopf nimmt kurz die Luft in die Nase ein und verschwindet wieder im Bau. Wegen der überraschenden Situation habe ich sogar vergessen, den Räuber zu fotografieren. Ich gucke weiter auf das Loch, aus welchem nach kurzer Zeit kleine zottige Knäulchen rausliefen. Ich sehe mir sie durch den Sucher der Kamera an und fange an zu zählen. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun süße Welpen.
Sie sind noch fast ganz haarlos und so klein, dass ich nicht auf sie wegen dem kleinen Gras fokussieren konnte. Einige Sekunden filme ich die kleinen Welpen, ohne dabei zu bemerken, dass mich der Wuschelkopf wieder beobachtet. Zum Glück bin ich gut getarnt. Da wendet er wieder seinen Jungen zu. Die ziehen ein grandioses Theater ab – sie wälzen, recken und strecken sich und tollen fröhlich herum.
Ich bin völlig aus dem Häuschen. Das ist das Wundervollste, was ich bislang bei meinen Naturerlebnissen gesehen habe. Es wird ziemlich dunkel, die Nachtdämmerung brach herein. Die kleinen Marderhunde verschwanden mit ihrer Mutter im Bau. Jetzt kann ich in aller Ruhe fortgehen. Nachdem ich nach Hause angekommen bin, habe ich tief in die Nacht die Ereignisse der letzten Stunden verarbeitet…
Nach diesem Erlebnis habe ich den Bau noch einige Male besucht und mit angehaltenem Atem beobachtet, wie diese wundervollen Wesen heranwachsen, wie sie herumtollen, wie sie sich gegenseitig ärgern und hänseln. Fast alle diese Begegnungen haben sich kurz nach Sonnenuntergang abgespielt. Jedes Mal, paar Minuten nach Sonnenuntergang, hat sich zuerst der erwachsene Marderhund gezeigt. Er sah sich kurz um, prüfte, ob die Luft rein war, und ließ die Welpen rauslaufen. Die ließen nicht auf sich warten und nach kurzer Zeit tummelten sie sich direkt vor meinen Augen. Es waren unglaubliche Augenblicke. Eines Tages nahm ich meine zwei guten Freunde mit mir mit. Sie wollten diese geheimnisvollen und faszinierenden Waldbewohner auf eigene Augen sehen. Wir sind ziemlich früh aufgebrochen. Aufgrund der „großen“ Anzahl der Beobachter und der Tatsache, dass wir den Grundsatz des Nichtstörens einhalten wollten, stießen wir zum Bau zwei Stunden vor Sonnenuntergang. Wir haben uns gleich getarnt und begannen an zu warten. Die Sonne stand noch relativ hoch, als etwa 10 Minuten nach unserer Ankunft ein Knäul aus Welpen aus dem Baueingang rausrollte und fast auf Griffweite von uns entfernt ihren Spaß trieb. Einer von den Welpen ist sogar auf 1 Meter zu mir gekommen, wobei er nicht einmal von den Verschlussgeräuschen erschreckt wurde.
Es war ein unglaubliches Spektakel – beim Tageslicht, zum Greifen nah – einfach fantastisch. Wir alle waren verblüfft und konnten viele schöne Fotos schießen. Mit der Zeit, wo die Welpen heranwuchsen, hielten sie sich immer seltener in der Nähe des Baus auf, bis alle ihren eigenen Weg eingeschlagen haben. Die überlebenden Adulten machten sich auf die Suche nach einem eigenen Territorium. Ab und zu habe ich noch in der Nähe des Baus einen erwachsenen Marderhund gesehen, doch Anfang Juni, als die Angelsaison anfing, habe ich das Fotografieren bei diesem Bau aufgegeben. In der ganzen Umgebung war ein reger Angelverkehr, bei dem man von Stille und Ruhe gar nicht sprechen konnte. Aus diesem Grund haben die Marderhunde ihre Aktivitäten in die Nachtstunden verlagert.
Das Interessante an der ganzen Sache war, dass der Marderhund die Dachse nicht aus dem Bau verdrängte, sondern mit ihnen in der Bauburg zusammen gelebt hat, was ich bis zu diesem Moment für unmöglich fand. In dieser Hinsicht hat sich auch die Fachliteratur geirrt, die besagte, dass die Marderhunde mit ihrer Lebensweise ihnen ähnliche Tierarten, wie zum Beispiel den Dachs oder den Fuchs, verdrängen würden.
Erwähnungswert war auch die Tatsache, dass immer, wenn sich die Marderhunde beim Tageslicht gezeigt haben, blieb der Dachs verborgen. Dies galt auch im umgekehrten Fall. Die Aufnahmen aus der Fotofalle haben mir noch Folgendes enthüllt: Manchmal benutzten beide Arten denselben Eingang, wobei die Marderhunde früher, und die Dachse später, erst bei Nacht, den Bau verlassen haben. Ich kehre regelmäßig jeden Frühling zu diesem Bau zurück. Im darauffolgenden Jahr hat mir dieses unterirdische Königreich weitere unglaubliche Erlebnisse beschert, diesmal mit den Dachsen in der Hauptrolle – doch das ist eine ganz andere Geschichte…
Zweite teil:
Übersetzung : Mgr. Lukáš Chlebina https://pretlm.webnode.sk/
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